Wer sich schon immer gefragt hat, ob „Decluttering“, also das gezielte Ausmisten von Dingen, auch dabei helfen kann, langfristig mit weniger materiellem Besitz zu leben und nachhaltig zu konsumieren, kann beruhigt sein. Genau dieser Frage geht derzeit ein sogenanntes Citizen Science-Projekt nach – ein Forschungsprojekt, bei dem Bürger in wissenschaftliche Prozesse eingebunden werden.
Für das Projekt stehen von 2021 bis 2024 insgesamt rund 609.000 Euro aus dem Haushalt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zur Verfügung. Zunächst wollen die Forscher bestehende Methoden und Konzepte zur Besitzreduktion untersuchen. Später testen interessierte Bürger die Methoden bei sich selbst. „Im Mittelpunkt stehen dabei Anregungen zur Reflexion und zum Ausmisten“, informierte die Internetseite zum Projekt. Am Ende werden die Erfahrungen ausgewertet. Ziel ist es u. a., „ein Sustainable-Decluttering-Tool-Kit zu erarbeiten, das zur eigenständigen Reflexion und Reduktion des Besitzes anregt“, so die Projekt-Seite weiter.
So wurden u. a. eine Handreichung erarbeitet und Tipps veröffentlicht, wie man dauerhaft weniger konsumieren kann. Darunter folgende Ratschläge: „Gehe nur dann einkaufen, wenn du wirklich etwas brauchst“, „Kaufe nur, was dich vollständig überzeugt“, etc. Es gibt auch ein Übungsblatt für eine „Challenge: Aktivitäten ohne Kauf planen!“. Darauf findet sich ein Kalender inklusive Möglichkeiten. Ein Beispiel: „Nach wilden Obstbäumen suchen und daraus Kompott machen“.
Nun spricht nichts dagegen, weniger einzukaufen oder aus Wildfrüchten Kompott zu kochen. Die Frage ist aber, inwieweit bei diesem Projekt Förderer und Geförderte an einem Strang und tatsächlich in die gleiche Richtung ziehen. Auf unsere Frage, ob es das Ziel der Bundesregierung sei, genügsame Lebensstile und Besitzreduktion zu fördern, antwortete uns das BMBF jedenfalls: „Mit dem Projekt soll kein bestimmter Lebensstil gefördert, sondern lediglich erforscht werden.“ Einer der Projektpartner, die Technische Universität Berlin, formuliert das Ziel des Projekts auf ihrer Website dagegen etwas anders: „Das übergeordnete Ziel dieses Projekts besteht darin, suffiziente (genügsame) Lebensstile zu fördern.“
Wir meinen: Das Forschungsministerium sollte – auch bei sogenannten Citizen Science-Projekten – genau hinschauen, wofür Steuergeld ausgegeben werden und ob dies tatsächlich im Sinne der Bundesregierung geschieht. Immerhin stehen für bürgerwissenschaftliche Projekte allein im Haushaltsjahr 2023 rund 2,8 Mio. Euro zur Verfügung.